Euro-Krise: Zwischen Weltmacht und Zerfall

Solange alles gutgeht, agiert das Kapital als praktische Brüderschaft, schrieb Karl Marx, bei einer Aufteilung der Verluste suche jeder soviel wie möglich "dem anderen auf den Hals zu schieben", und die "Konkurrenz" verwandle sich "in einen Kampf der feindlichen Brüder". Das ist eine wunderbare Beschreibung der europäischen Spannungen, die Züge einer Psychose trügen, wie Italiens Präsident Mario Monti sagt. Europa ist ein Tollhaus. Einige wollen ein Großreich mit Gemeinschaftshaftung, andere wollen – ergriffen von einer diffusen Retroromantik - zurück zur Kleinstaaterei mit eigener Münzprägung. Shell, Vodafone und andere Konzerne schichten ihr Bargeld nach London und New York um, Tui schließt mit griechischen Hoteliers Verträge gegen Währungsverluste für die Zeit nach dem Euro ab. Und das in einer Epoche, in der sich die internationalen wirtschaftlichen und politischen Gewichte dramatisch verschieben. Angetrieben von der Nachindustrialisierung wachsen neue Imperien und beachtliche Konkurrenten heran: China, Brasilien, Indonesien, Rußland, die Tigerstaaten, sogar Saudi Arabien - wenn denn für letzteres die Industriepläne aufgehen und seine Kriege in Syrien und im Irak Geländegewinne bringen. Europa dagegen droht der "Abschied von der Weltgeschichte" (Jürgen Habermas). Kommt die Zerfallsdynamik erst in Gang, muß sie vor Staaten nicht haltmachen. Die Sowjetunion, Jugoslawien und die Tschechoslowakei haben es vorgemacht.

Die Retroromantiker

Die Völker Europas unter einen Hut bringen zu wollen hieße, "die Kraft ihrer Kulturen, kollektiven Erinnerungen, Mythen und Mentalitäten zu unterschätzen" ("FAZ"). Das ist wohl so. Wirtschaftsprofessor Starbatty denkt zur Zeit dauernd an die Währungsreform 1948: "Wenn ich an Geld denke, ist das in meinem Kopf." Er will zurück zur DM und klagt deshalb ständig – mal gegen die Griechenland-Hilfe, mal mit Peter Gauweiler (CSU) gegen den ESM-Rettungsfonds. Gauweiler hat ein anderes Motiv. Er will die Kleinstaaterei. Schon "der Verlust der bayerischen Souveränität" habe ein Trauma hinterlassen, das sich in einem "künstlichen Vaterland" Europa verschlimmern würde. Wir sollten uns die Schweizer Kantone zum Vorbild nehmen, sagt er, und das neue Buch von Wilfried Scharnagel (Ex-Chef des "Bayernkurier") lesen: Bayern kann es auch allein: Plädoyer für den eigenen Staat. Vermutlich ein "Sarrazin" für Stammesgeschichte und ein Plädoyer für Duodezstaaten, die alle von Ludwigs regiert werden.

Zu den Retroromantikern zählen die CSU, die Verbände "Die Familienunternehmer" und "Stiftung Familienunternehmen", Nationalisten, Regionalisten und vermutlich die Mehrheit der Deutschen, die sich nach einer heilen Welt sehnt, die es früher gegeben haben soll, "als wir noch die DM hatten". Viele von ihnen zeigen Merkmale von Inflationsneurosen, Ressentiments gegen den ach so schönen und zugleich suspekten Süden, von Furcht, das Opfer fremder Mächte zu sein, die dabei tanzen, wenn sie einen bestehlen. Springers "Welt" hat in London griechische Sportfunktionäre aufgespürt, die Sirtaki tanzten und mit "Cocktailkleid-Schönheiten kringelweise ihre mediterrane Lebensfreude in die Sommernacht" rauchten. Da wußte die Redaktion, warum diese Sippe "nur zwei Bronzemedaillen feiern konnte". Deutsche sammeln lieber Medaillen oder neiden sie anderen, statt sich kringelweise des Lebens zu freuen.

Da der Provinzialismus mit einem deutschen Machtzuwachs in Europa zusammenfällt, sind Übersprungsreflexe an der Tagesordnung. Wie ein Bubi, den verantwortungslose Eltern mit Anabolika gefüttert haben, will Söder (CSU) die Griechen noch dieses Jahr rauswerfen. Es sei wichtig, "daß Spanien und Italien sehen, was passiert, wenn man seine Schulden nicht bezahlt!" Eine Zuchtmeisterattitüde, die Euro-Gruppenchef Juncker als "deutsches Geschwätz" abtat, gleichwohl aber diagnostizierte, daß Deutschland Europa wie eine Filiale seiner Innenpolitik behandle. Das italienische Wirtschaftsblatt "Il Sole 24 Ore" klagt: "Grande Germanie" beanspruche alles für sich und habe einen "Drang zur Bestrafung", "dieses eindimensionale Europa, ganz und gar deutsch, ist zum Zusammenbruch verurteilt". In Italien ist die Bewegung des Komikers Grillo mit der Losung "Zurück zu unserer guten alten Lira" in Umfragen zweitstärkste Partei, und die Lega Nord scharrt mit den Hufen. Irgendwann wird der Ruf erschallen: "Kauft keine deutschen Waren!"

DM oder Großmacht Europa?

Die Retroromantiker sind Hasardeure, die nicht wissen, womit sie spielen. Mit der Drachme bräche in Griechenland eine Hungerkatastrophe aus. Löhne und Renten gäbe es in Drachmen, Händler und Ärzte ließen sich aber in Euro oder Dollar bezahlen. Vielleicht würde China Hilfe anbieten, um Griechenland als Europa-Filiale zu nutzen. Dann hätte die Nato ein Problem. Griechenland verfügt über die höchste Pro-Kopf-Rüstung in Europa. Wenn Deutschland die DM bekäme, würde eine Deindustrialisierung einsetzen. Durch die Aufwertung der DM und die Abwertungen anderer Währungen würden die Exporte einbrechen und Betriebe schließen. Nach Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise wären in vier Jahren "Produktionsverluste von bis zu 25 Prozent wahrscheinlich". Die Wirtschaftsprüfer von "McKinsey" schätzen den jährlichen Verlust für Deutschland in einem solchen Fall auf 165 Milliarden Euro. Der Bund Deutscher Industrie (BDI) sieht die Früchte einer Dekade flöten gehen: "1 Billion Euro".

Das Großkapital schlägt Alarm. BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber verlangt: "Berlin muß sich daran gewöhnen, daß eine Nation", die ein "Zwanzigstel der globalen Wirtschaftsleistung erbringt, internationale Verantwortung und deren Kosten übernehmen muß ... Wer wie Deutschland von der Kaufbereitschaft der Welt lebt, der muß für diese Welt auch manche Bürde tragen." Er fordert eine integrative politische und institutionelle Architektur für die Euro-Zone, in der Deutschland die Gestaltungshoheit zufiele, da keine andere Volkswirtschaft "in Europa exponierter und verflochtener ist als die deutsche". Dieses Plädoyer für den Euro beruht auf der Erkenntnis, daß es ein Euro-Imperium nur mit Gemeinschaftshaftung und Sozialmodell geben wird. Die USA haben derlei schon, und China wird eine vergleichbare Haftung einführen, will es nicht durch soziale, ethnische und religiöse Aufstände zerrissen werden.

Die Position der Großindustrie deckt sich mit der des von Jürgen Habermas, Julian Nida-Rümelin und Peter Bofinger für die SPD verfaßten Papiers, aus dem Sigmar Gabriel jeden Morgen zitiert. Da ein europäischer Bundesstaat "die Solidaritätsbereitschaft der historisch eigenständigen Völker" überfordere, gebe es nur zwei Wege aus der Krise: Rückkehr zu nationalen Währungen (die sie nicht wollen) oder das "Kerneuropa" der 17 Euro-Staaten, das um Polen erweitert werden solle, mit gemeinsamer Fiskal-, Wirtschafts- und Sozialpolitik sowie einer Gemeinschaftshaftung, bei strikter Kontrolle der nationalen Haushalte.

Haftungs- und Inflationsrisiken

Deutschland hatte gehofft, daß ihm das Debakel der deutschen Währungsunion beim Euro erspart bleiben würde, weil die souveränen Staaten für ihre Verluste selbst aufkommen sollten. Das funktioniert nicht. Wie groß das addierte Risiko aus diversen Krisen heute ist, weiß kein Mensch. Die EZB hat mit der Sonderaktion "Dicke Bertha" europäische Banken mit einer Billion an Krediten versorgt und ihnen für 211 Milliarden Euro griechische, irische, portugiesische, spanische und italienische Staatsanleihen abgekauft, um Spekulationen zu unterlaufen. Großbritannien verschuldet sich dreimal so hoch wie Italien und zahlt weniger als zwei Prozent Zinsen, während Italien sieben Prozent berappen muß. Das ist ungerecht. Aber so ist die Welt. Die EZB verwandelt sich schubweise in eine Badbank mit einer Bilanzsumme von 3.100 Milliarden Euro und einem Eigenkapital von 10 Milliarden. Muß sie 50 Milliarden Griechenland-Anleihen abschreiben, hätte sie eine Unterdeckung von 40 Milliarden. Gemäß seiner Anteile von 27 Prozent hätte Deutschland dann rund 11 Milliarden zu ersetzen.

Finanzminister Schäuble beziffert die deutsche Haftung für den neuen ESM-Fond auf 190 Milliarden, der Anwalt Gauweilers kommt auf 700 Milliarden - nur im Extremfall, wenn alle Staaten außer Deutschland bankrott wären. Was in den Dunkelkammern der Banken liegt und was die Badbanks zu Lasten des Staatsetats abschreiben müssen, ist ungewiß. EZB-Banker Jörg Asmussen sagt: "Wenn die erste Verlustschätzung kommt – nimm sie mal zwei." Aber welche? Hier gilt die Faustregel: Je linker und je rechter die Gesinnung, desto größer werden die Schulden. Jeder will der erste gewesen sein, wenn die Pleite kommt, ob in drei, zehn oder fünfzig Jahren.

Das vielbeschworene Inflationsrisiko existiert gegenwärtig nur in der Phantasie. Außerdem verändert sich die Wahrnehmung. Als es uns 1974 noch gutging, hatte die Bundesrepublik eine Inflation von sieben und Großbritannien von 20 Prozent. Italien mußte Mitte der neunziger Jahre für Staatsanleihen acht Prozent zahlen. Heute läuten die Alarmglocken bei allem, was über zwei Prozent liegt. Das Gelddrucken! Aber Gelddrucken und Inflation sind zweierlei. Inflation entsteht erst, wenn neues Geld nachfragewirksam auf die Warenmärkte geworfen wird, und das geschieht nur, wenn Banken ihre Kunden großzügig mit Krediten versorgen. Solange das EZB-Geld vom Finanzsystem aufgesogen wird und die Banken mit Krediten knausern, um keine neue Pleitewelle zu provozieren, bleibt die Inflation im Zaum. Bisweilen verschwinden auch große Geldmengen. 2008 gingen 16 Billionen Dollar verloren, ohne daß der deutsche Rentner davon Notiz genommen hätte, es sei denn, er hatte sich Lehman-Papiere andrehen lassen.

Disparitäten im Kapitalismus

Plötzlich haben alle schon immer gewußt, daß der Euro ein Fehler war, weil "nicht konkurrenzfähige Länder und übermäßig konkurrenzfähige" nicht unter ein Währungsdach passen (Starbatty). "Die Produktivitätsunterschiede zwischen Nord- und Südländern sind zu groß" (Professor Prinz). Der Fehler sei, daß "mit dem Euro erstmals getrennte Währungsgebiete zusammengeschlossen (wurden)", ohne daß man Anstalten zur Schaffung "eines kohärenten wirtschaftspolitischen Funktionsraums mit einheitlichem Produktivitätsniveau" gemacht hätte ("Krisis"). Man hätte vorher eine "gemeinsame Haushalts-, Steuer- und Sozialpolitik" haben müssen ("FAZ"). Dazu ein paar Richtigstellungen: 1. Die Krise ist kein Nord-Süd-Problem. Die Wirtschaftskraft Norditaliens ist so groß wie die Baden-Württembergs, die Diskrepanz zwischen West- und Ostdeutschland ist größer als die zwischen Deutschland und Südeuropa. 2. Mit dem Euro wurden nicht erstmals Währungsgebiete zusammengeschlossen. Das war bei den Nationenbildungen hundertfach der Fall, zuletzt bei der deutschen Wiedervereinigung. 3. Moldawien geht es seit seiner Rückkehr zum Moldau-Leu schlechter als vorher unter dem Rubel-Dach. Wäre die Angleichung der Wirtschaftskraft ein Kriterium für die Einheitswährung, lebten wir heute noch in Duodezstaaten mit eigener Münzprägung und Zollschranken. Wie lange hätte Italien auf die Angleichung von Mailand und Kalabrien warten sollen?

Die spannende Frage ist: Warum funktioniert die Währungsunion nirgendwo, weder innerhalb der Nationalstaaten noch bei einem Zusammenschluß souveräner Staaten? Warum Wirtschaftsprofessoren den Euro-Raum auflösen wollen und nicht etwa Deutschland, wo das Gefälle unterm gleichen Währungsdach viel größer ist, läßt sich wissenschaftlich nicht begründen. Thüringen ist halt deutsch, Peloponnisos nicht. Bund, Länder und Sozialversicherungen alimentieren Ostdeutschland jedes Jahr (ohne Rückzahlungspflicht) mit 60 Milliarden ("ifo"), bis 2010 waren das 1,2 Billionen Euro. Ohne Finanzausgleich müßten die Einwohner Bremens ihre Straßen aufreißen, um Gärten anzulegen, ohne Gemeinschaftshaftung würde Mecklenburg-Vorpommern auch für 24 Prozent keinen Cent Kredit bekommen.

Die Einheitswährung ist grundsätzlich ein Vorteil für die kapitalistische Akkumulation. Jede Aufhebung von Schranken (Währungen, Zölle, Normen) begünstigt, daß die Konkurrenz in einem Großraum wie der EU über die Produktivität ausgetragen wird, letztendlich über die Löhne – neben Faktoren wie Agglomerations- und Steuervorteile. Die produktiven Zentren ziehen unter dieser Bedingung Kapital und Beschäftigung aus der Peripherie ab, marodes Kapital wird, da es seinen künstlichen Schutz verliert, laufend getilgt. Dadurch wird die Kapitalstruktur saniert, die Gesamt-Profitrate steigt. Die Peripherie büßt jedoch Beschäftigung und Steuern ein, ihre Importe und Schulden wachsen; wenn Immobilien- und Bankenkrisen dazukommen, wird sie zahlungsunfähig und zieht das Zentrum in Mitleidenschaft. Behalten schwache Regionen jedoch ihre Währung, werden sie Staatsschulden durch Inflation abbauen und ihre Exporte durch Abwertungen verbilligen. Die Folge: Unproduktive Betriebe bleiben am Leben, im Großraum sinkt der Durchschnittsprofit, er wird heruntergewirtschaftet – mit Rückwirkungen für jedes Land. Demnach hätten die separaten Währungen (neben anderen Faktoren wie einem wachsenden Staatsanteil zu Lasten der Profitwirtschaft) über einen Zeitraum von fünfzig Jahren dazu beigetragen, Europa in die wachstumsschwächste Zone der Erde zu verwandeln. Diese Antagonismen lassen sich immanent nicht auflösen. Dazu müßte der Kapitalismus beseitigt werden.

Deutschland hat nun in Europa die Rolle des Internationalen Währungsfonds (IWF) übernommen. Wer seine Schulden nicht begleicht, wird auf Diät gesetzt. Die Reparatur der Profitrate durch die Ausmerzung unprofitabler Bereiche und die Reduktion des Konsums scheint unter dem Euro-Dach und deutscher Oberaufsicht besser zu funktionieren als zuvor mit eigenen Währungen. Griechenland hat seine Staatsausgaben um 20 Prozent gesenkt, ein einmaliger Fall in Europa. Portugal erhöht die Mehrwertsteuer und kürzt Renten, Arztbesuche kosten fünf bis 20 Euro. Spanien will bis 2014 102 Milliarden Euro einsparen, vor allem im Gesundheits- und Bildungswesen. Alle Südstaaten zusammen haben eine Summe eingespart, die fünf Prozent ihrer Wirtschaftsleistung entspricht. Das ist schlecht für die Menschen, aber gut für den Kapitalismus.

Nie genügt das. Immer weiter treibt Deutschland die Notverordnungen, während es sich in der Heimat als Opfer besingt. Der Süden giere nach deutschem Geld, "der Italiener" und "Brüssel" wollten unser Parlament und unsere Demokratie ausschalten. Das behaupten Politiker, die anderen Staaten die Souveränität nehmen, der griechischen Regierung drohten, als sie die Landsleute demokratisch entscheiden lassen wollte, in Italien die Suspendierung der Demokratie zugunsten einer Finanz-Autokratie begrüßten. Die Berufung auf deutsches Haushaltsrecht meint die Entscheidungsgewalt über Rest-Europa. Vermutlich werden die Südstaaten sich die Angriffe auf ihre Souveränität und ihr Einkommen sowie die Herabwürdigung auf einen Dritte-Welt-Status unter deutscher Oberaufsicht nicht ewig bieten lassen.

Wie weiter?

Deutschland steht am Scheideweg - wie die Bundesrepublik Ende der sechziger Jahre. Bei der Neuen Ostpolitik ging es damals um die Durchdringung des Ostens. Heute geht es um das Imperium Europa - für die Mehrwertproduktion, für deutsche Exporte und als Operationsbasis für die weltweite Expansion. Damals mußte die FDP sich der Sache wegen von ihrem Wehrmachtsflügel trennen, heute muß sie sich entscheiden zwischen dummen Sprüchen von Brüderle ("Schuldensozialismus") und Kubicki, der "die Entwicklung einer neuen europäischen Idee" in einer Ampel-Koalition versuchen will. "Es kann der Beginn einer umfassenden politischen Wende in Deutschland sein" ("Neue Westfälische"). Vielleicht setzt sich der Vorschlag von Habermas und Gabriel durch: Ein Verfassungskonvent soll das Konzept für ein Kerneuropa erarbeiten, das dann gemeinsam von SPD, CDU und Grünen der Bevölkerung zur Annahme empfohlen wird.

Wenn ich Politiker wäre, stünde mein Kurzprogramm fest. Deutschland alimentiert seinen Osten jährlich mit 60 Milliarden Euro. Dieselbe Summe wird jedes Jahr nach Südeuropa überwiesen. Das wäre ein Drittel vom jährlichen deutschen Euro-Überschuß (165 Milliarden). Nicht fürs Nichtstun. Sie hätten Pompeji, Venedig und die Akropolis zu restaurieren. Weitere 60 Milliarden flössen in einen weltweiten Länderfinanzausgleich. Was den Etat angeht, wäre die DIW-Zwangsanleihe annehmbar: Von den Reichen (acht Prozent der Deutschen) werden zehn Prozent des Einkommens (Freibetrag: 250.000) konfisziert. Das macht 230 Milliarden Euro im Jahr.

Dann würde ich die Linkspartei auffordern, Gregor Gysi und Sahra Wagenknecht aus dem Verkehr zu ziehen. Gysi erzählte der "Welt": "Versailles hat Deutschland mit kaputt gemacht." Man dürfe Griechenland nicht so demütigen, "wie das die Siegermächte des 1. Weltkriegs mit Deutschland gemacht haben". Haben Deutsche, weil sie vom Ausland so gedemütigt wurden, nicht anders können als die NSDAP zu bejubeln und die Juden zu ermorden? Wagenknecht verteidigte in der "Frankfurter Rundschau" Ludwig Erhard, weil er "Wohlstand für alle" gewollt habe. Vielleicht weiß sie nicht, wer Erhard war. Keiner hat das Proletariat so oft zum "Maßhalten" aufgefordert wie er. 1958 verlangte er im Bundestag "materielle Opfer für die Bewahrung des Lebens der Nation und für die Rüstung. Es stünde uns viel besser an, anstatt die 45-Stunden-Woche noch zu unterbieten, wieder eine Stunde mehr zu arbeiten."

Veröffentlicht in: