Was bleibt ist Pragmatismus

Seit Karl-Theodor zu Guttenberg Außenminister ist, wird Klartext geredet: Die Außenpolitik hat deutsche Interessen durchzusetzen, ob es nun um Rohstoffe, Energie, Handelswege, Flüchtlingsabwehr oder gegen Konkurrenten auf dem Weltmarkt geht. Und wo sich diese Interessen nicht mehr durch die Unterstützung autoritärer Regime wahren lassen, muss die Bundeswehr ran. Vielleicht schützt sie schon bald Solarkraftwerke in Nordafrika.

Für den wachsenden militärischen Anteil an der deutschen Außenpolitik ist die Beliebtheit des Verteidigungsministers ein Segen. Er sagt, wie es ist, beendet die rot-grüne Heuchelei, die Kriege als Verbreitung von Menschenrechten deklarierte, selbst dann, wenn man wie im Kosovo die orga­nisierte Kriminalität an die Macht gebracht hatte. Karl-Theodor zu Guttenberg passt die Rede dem real existierenden Imperialismus an, als Beitrag zur Militarisierung des Denkens. Am Wochen­ende begrüßte er die Gäste der Münchener Sicherheitskonferenz: »Wir gehen in ungewisse, gefähr­liche Zeiten.« Der Rohstoffbedarf der »aufstrebenden Mächte« trete mit unseren Bedürfnissen in Konkurrenz, »dies kann zu neuen Spannungen, Krisen und Konflikten führen«. Und es geht nicht nur um Rohstoffe. Die Schwellenländer werden nach Meinung des Harvard-Historikers Niall Ferguson den westlichen Wohlstand, nach dem die Menschen streben, nicht erreichen, »ohne dass es zu weltweiten Verteilungskämpfen kommt«.

Das Tempo ist atemberaubend. Früher brauchten Nachindustrialisierungen 50 Jahre, heute verdoppelt die Hälfte der Menschheit (China, Indien, Brasilien, Indonesien) ihre Industrie- und Warenmenge alle zehn Jahre, der Flächenfraß für den industriellen Agrosprit schafft woanders Hunger und Elend. Während über Multipolarität philosophiert wird, steuert die Welt wieder auf eine Bi-polarität zu, einen Kalten Krieg zwischen der ­alten Supermacht USA und der neuen Supermacht China – bei gleichzeitiger ökonomischer Verflechtung, aber die gab es immer. »Was die Weltwirtschaft angeht, so ist sie verflochten«, schrieb Kurt Tucholsky 1931. Die Beschleunigung trifft auf eine besorgniserregende geistige Leere. Der Kommunismus ist desavouiert, der islamische Fundamentalismus bietet nur Massaker, das Menschenrecht des Westens entlarvt sich in der Kooperation mit Despoten. Was bleibt, ist Pragmatismus. Die Nato verhandelt mit den Taliban, die ägyptische Armee mit der Muslimbruderschaft, am Tisch sitzen Kapitalisten, die heute Investoren heißen.

Doch vorübergehend setzten Guttenberg Bundeswehrskandale zu. Die Opposition frohlockte, dachte schon, sie habe die Stelle, auf die das Laub gefallen war, gefunden. Natürlich ist es nicht in Ordnung, wenn die Feldpost geöffnet wird oder ein Soldat beim Herumfuchteln mit der Pistole einen Kameraden erschießt. Näheres wird untersucht. Aber hätte er Kapitän Norbert Schatz abkommandieren dürfen? Die Offiziersanwärterin war sieben Mal in die Takelage getrieben worden, dann stürzte sie in den Tod. Muss heute die Seefahrerei des 19. Jahrhunderts geübt werden? Die Soldatin wollte doch auf einer High-Tech-Fregatte Handelswege schützen, auf Piraten feuern oder im US-Geschwader nordkoreanische U-Boote versenken. Unbedingt muss man das üben, meint Schatz, nur auf der »Gorch Fock« nehme man Strömungen und Windstärken wahr, und auch wegen der »Charakterbildung«. »Im Krieg muss ich mich auf meinen Nebenmann verlassen können.« Dieser Nebenmann war eine Frau, aber untrainiert. Ihm wäre das nicht passiert, er ist »als Kind noch auf den Kirschbaum der Nachbarn geklettert, heute sitzen die nur vor dem Computer«. Einige Tage nach ihrem Tod hatte die Mannschaft Karneval gefeiert. In einem Topf wurde Geld gesammelt für den Kameraden, der mit der hässlichsten Offiziersanwärterin schlafen würde.

Die SPD fand die Abkommandierung übereilt, der ARD-Reporter, der auf dem Dreimaster mitfahren durfte, hatte erfahren, dass die Mannschaft darüber entsetzt war, »Tränen sollen geflossen sein«. In der Enge des Raumes siegt der kranke Männerverstand. Jürgen Trittin bemängelt den Führungsstil und will »Musterbeispiele für innere Führung«! Doch bevor Guttenbergs Stern weiter sinken konnte, wurden die Skandale von sicherheitsrelevanten Vorkommnissen eingeholt. In München wollte man über Afghanistan, die Auswirkungen der Krise auf die Sicherheitspolitik, die »tektonischen Verschiebungen im weltpolitischen Sicherheitsgefüge« und den Cyberspace, den »neuen Wilden Westen der Weltpolitik«, sprechen. Dann drohte plötzlich der EU der nordafrikanische Vorgarten wegzubrechen, also musste Gastgeber Wolfgang Ischinger die Tagesordnung um die Punkte erweitern: »Dilemma der Außen­politik zwischen den Interessen an Stabilität und Menschenrechten« und: Probleme des Westens, »Stabilität zu exportieren«. Die Dialektik ist schnell ausgeräumt: Das Menschenrecht war Propaganda, das Interesse an Stabilität ist real. Der ägyptische Autokrat sollte mit seiner Bevölkerung anstellen, was er wollte, Hauptsache, er sorgte für den Schutz des Suez-Kanals, eine wichtige Lebensader Europas, und bremste eine antiwest­liche Front, während er die Kinder mit antisemitischen Schulbüchern versorgte. Solange Araber sich an Israel abreagierten, waren die Despoten geschützt. Dass die Massen sich durch dieses Trugbild nicht mehr davon abhalten ließen, gegen ihre Unterdrücker aufzubegehren, ist eine emanzipatorische Leistung. Zum Ärger Deutschlands, der EU und der USA.

Ein halbes Jahrhundert lang haben die EU-Staaten ihre Lieblingsautokraten gehätschelt und China und den USA selbstgefällig die Verletzung von Menschenrechten vorgeworfen. In der »Mittelmeerunion« bekam Hosni Mubarak den Vorsitz der ersten Sitzungsperiode. Deutschland unterstützte seinen Clan mit 190 Millionen Euro im Jahr (weniger als die USA, aber immerhin), für Helmut Kohl war er »der Freund unseres Landes«, für Guido Westerwelle ein Mann »von großer Weisheit und die Zukunft fest im Blick«. Als Tunesiens Ben Ali die Koffer packte, bot die EU ihm noch eine »fortgeschrittene Partnerschaft« und Frankreichs Außenministerin Michéle Alliot-Marie »polizeiliche Hilfe an, um diese Art Sicherheitslage zu regeln«. Die chinesische Lösung? Als in Ägypten die Allianz aus Modernisierern und regressiven Muslimbrüdern loslegte, empfing die EU den usbekischen Diktator Islam Karimow, der Demonstrationen in einem Blutbad ertränkt hatte. Vereinbart wurden eine EU-Botschaft in Taschkent, die Gaseinspeisung in die Nabucco-Pipeline, Nachschubwege nach Afghanistan über Litauen, Lettland, Russland, Kasachstan und Usbekistan sowie die Nutzung des Flughafens Termez als deutschen Umschlagplatz.

Onkel Herbert ließ sich auf dem Kamel vor der Sphinx ablichten, währenddessen versorgten Deutschland und andere EU-Staaten die befreundeten Diktaturen mit Waffen für die Blockade von Flüchtlingsströmen, das Zusammenschießen von Aufständen, zum Schutz von Touristen und ausländischem Kapital. In Ägypten sind 80 deutsche Firmen ansässig. RWE Dea plant eine Investition von mehreren Milliarden in Gasfelder im Nil-Delta. In Tunesien lassen 280 deutsche Firmen 260 000 Tunesier für sich arbeiten. Rheinmetall und Daimler planen in Algerien eine Fabrik, in der pro Jahr 10 000 Panzer und Geländefahrzeuge hergestellt werden sollen. Das Industriekonsortium »Desertec« plant bis 2050 die Investition von 400 Milliarden Euro in den Wüsten der arabischen Länder für Solar- und Windparks und Stromkabel nach Europa. Das ökologische »Leuchtturmprojekt« brauche »eine stabile Entwicklungspartnerschaft mit Europa«, sagt Desertec-Berater Klaus Töpfer. Bei einer Instabilität würden außerdem die »Flüchtlingsströme quer über das Mittelmeer gewaltig ansteigen«. Das Wüstenstromprojekt zieht Fabrikanlagen, Universitäten, Tempel des Vergnügens und europäisches Militär an.

Um solche Komplexe »militärisch abzusichern«, will Guttenberg eine Bundeswehr der Freiwilligen schaffen, »kleiner, flexibler, schlagkräftiger«, mit Kommandos »Schnelle Kräfte«. Die sind besser als Wehrpflichtige, wenn es gegen Aufruhr, Piraterie, Flüchtlinge, Hungernde, Instabilität in failed states (Somalia, Kongo) oder in Stellvertreterkriegen gegen Konkurrenten geht. Deutschland wird, um die Kosten im Zaum zu halten und um zu zeigen, »dass Europa den Anspruch hat, ein wettbewerbsfähiger Kontinent zu sein« (Angela Merkel), eine »enge europäische Verteidigungskooperation« schaffen.

Die Not führt Deutschland und Frankreich wieder zusammen. Die Wirtschaftskrise beschert den traditionellen Imperien Verluste, die EU droht zu zerfallen, der Euro wackelt, Russland verharrt in einer vom Chefspion regulierten Rohstoff-Oligarchie. Europas Führungsmächte wollen den Niedergang nun mit einem ganzen Maßnahmenpaket stoppen: mit einer effektiveren Militärachse, mit Strategien der neuen Partnerschaften in Afrika und Asien, um das an China verlorene Terrain zurückzugewinnen, mit einem Pakt für Wettbewerbsfähigkeit, der in Europa eine Konvergenz bei Löhnen, Steuern und dem Rentenalter schafft, damit die Konkurrenz der reinen Produktivitäten faules Kapital ausmerzt. Schon weckt das die Vision »eines Europa als bedeutende Macht« (Michèle Alliot-Marie), das über seine Grenzen hinaus Sicherheit schaffen könne, denn »der amerikanische Schutzschirm ist weder allumfassend noch auf ewig garantiert«. Das lässt sich nicht bestreiten.

Die Bundeswehrreform macht aus Deutschland kein militärisches Schwergewicht und Europas militärische Autonomie bedarf noch vieler Dinge, etwa eines Satellitensystems für die Aufklärung. Bisher sind erst 7 000 deutsche Soldaten im Ausland, davon 5 000 in Afghanistan. Die USA haben allein in Südkorea 30 000 Soldaten, auf den Schiffen der US-Navy kurven 300 000 weitere über die Meere – ständig einsatzbereit vom Persischen Golf bis zum Japanischen Meer. Weil Deutschland, die ökonomische Führungsmacht Europas, in jedem Fall partizipieren möchte, forderte Guttenberg in München auch »eine im besten Sinne gelebte transatlantische Partnerschaft« und eine Nato, in der Deutschland sich seine Kriegspartner nach Bedarf aussuchen kann. Dafür muss Deutschland aber einen Beitrag durch »Bereitstellung von Truppenteilen« leisten. »Sonst können sich die USA nach anderen Partnern umsehen«, drohte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen. Indien, Indonesien, Japan? Wer weiß? An der Nordsee gingen im späten Mittelalter Bauern, die sich vor der Eindeichung des neu dem Meer abgetrotzten Landes drückten, bei der Landverteilung leer aus: »Wer nicht will deichen, der muss weichen!«

Der transatlantische Schoß ist auch Selbstschutz. China expandiert schnell, sammelt Schuldscheine der USA und unterminiert durch den Kauf von Anleihen der verschuldeten Europäer die Hegemonie Deutschlands, das Finanzhilfen an drastische Auflagen knüpft. Wie lange kann China noch expandieren, ohne militärische Risiken einzugehen? Es sichert Rohstoffbasen in Afrika mit eigenen Soldaten, kooperiert mit dem Iran, erhebt Anspruch auf Taiwan und die ost- und südchinesischen Meere, lässt seinen Satelliten Nordkorea zur Warnung bisweilen Schiffe versenken. Das US-Verteidigungsministerium stellt in einer Expertise fest, China rüste nicht nur auf, sondern wechsle seine Strategie. Es erweitere seine Grenzsicherung um die Option, wirtschaftlichen Interessen im Ausland abzusichern, und setze seine wachsende »militärische Stärke ein, um diplomatische Vorteile zu erlangen oder Streitigkeiten zu seinem Vorteil zu lösen«. Die New York Times spricht von »Hochsee-Ambitionen Chinas«, die an Vorkriegszeiten erinnerten, China scheine die USA »im Westen des Pazifik herausfordern zu wollen«. Henry Kissinger schrieb bereits 2001: »Angesichts einer drohenden Hegemonie in Asien« würden die USA »ebenso einschreiten wie im Zweiten Weltkrieg gegen Japan«. Vorerst üben die Vereinigten Staaten mit Japan und Südkorea den Seekrieg in von China beanspruchten Gewässern, gehen eine Nuklear-Allianz mit Indien ein und bemühen sich, andere asiatische Staaten wie Indonesien einzubinden. Wie lange wird China unter diesen Bedingungen noch die Feuerkraft seines strategischen Gegners mitfinanzieren? Die USA stecken im Jahr über 700 Milliarden Dollar ins Militär, einschließlich Kriegs- und Besatzungskosten im Irak und in Afghanistan, China offiziell 75 Milliarden, inoffiziell das Doppelte.

Im Licht dieser Weltkonkurrenz muss auch Afghanistan betrachtet werden. Al-Qaida hat sich verzogen, Menschenrechte spielen keine Rolle, also müssen die Truppen aus 44 Staaten einen anderen Grund haben. Es geht der West-Allianz um die Besetzung der geostrategischen Kreuzung zwischen den Atommächten China, Pakistan, Indien und vielleicht Iran. Dirk Niebel warnte im Bundestag, China habe »längst das Potential Afghanistans erkannt, es investiert Milliarden in den dortigen Kupferbergbau«. Deutschlands Unternehmen sollten »das Potential in Afghanistan besser nutzen«.

China ist also da, paktiert mit Pakistan für Transitrouten, kauft dem Iran Öl ab und ist vermutlich an dessen Nuklearprogramm beteiligt. Mit Afghanistan und dem Iran hätte China eine Landverbindung zum Persischen Golf. Das soll nicht passieren, deshalb wurde die Verlängerung des Afghanistan-Mandats ohne reale Ausstiegsperspektive beschlossen. Das Ziel sei ein »stabiles Afghanistan«, von »dessen Boden keine Gefahr für die Region und die Staatengemeinschaft ausgeht«, der Pakt soll in eine »langfristige Partnerschaft im Rahmen der Krisennachsorge« münden. Deshalb war Guttenberg der Abzugstermin »völlig wurscht«. Man will Sicherheitsaufgaben auf afghanische Kräfte übertragen, um Kosten zu sparen und damit Soldaten für die Aufstandsbekämpfung (crowd and riot control) in anderen Regionen frei werden, denn Afghanistan »wird nicht das einzige Einsatzszenario sein« (Guttenberg). Derzeit sind 150 000 Soldaten in Afghanistan, für die dauerhafte Besetzung sind 50 000 vorgesehen. Da ist genug Spielraum für medienwirksame Truppenabzüge.

Bundeswehrprofessor Carlo Masala sagt: »Protektorate sind in. Von Bosnien über Kosovo, von Afghanistan bis in den Irak, das Muster westlicher Interventionspolitik ist immer dasselbe. Nach erfolgreicher militärischer Intervention werden die eroberten Gebiete in Protektorate umgewandelt.« Das läuft meistens nicht glatt, und selbstverständlich kann man nicht überall einmarschieren, ohne die eigene ökonomische Reproduktion und das Image zu ruinieren. In Ägypten hätte man einen Angriff wohl erst dann erwogen, wenn Saudi-Arabien, Israel oder die Fahrt durch den Suez-Kanal in Gefahr geraten wären. Vorerst wird Saudi-Arabien aufgerüstet, um die größte Ölquelle der Welt zu sichern und ein weiteres Gegengewicht zum Iran aufzubauen. Außerdem stehen große amerikanische Truppenkontingente auf der arabischen Halbinsel. Trotzdem ist Afghanistan der Prototyp eines neuen Konzepts. Der Befehl laute: »Aufstandsgebiete aufklären! Säubern! Halten! Wiederaufbau!« sagt US-General David Petraeus. Eine vom Militär unabhängige Entwicklungshilfe wird es in Protektoraten nicht mehr geben. Die Helfer sollen »Auge und Ohr« des Militärs sein, also das, was Rucksacktouristen für die Tourismusindustrie sind. Generalmajor Hans-Werner Fritz erklärt die »vernetzte Sicherheit« so: »Wer uns angreift, kann sich warm anziehen«, aber »ein paar Tage nach den Gefechten haben Pioniere bereits Stromleitungen verlegt«. Dann schauen Brunnenbauer, Agrotechniker und Ärzte für die Vertrauensbildung vorbei.

Wie sieht es mit der Vertrauensbildung an der Heimatfront aus? Zwei Drittel der Bevölkerung können Deutschlands Verteidigung am Hindukusch nichts abgewinnen, aber an der Empathie für »unsere Jungs« wird gearbeitet. Im ARD-Tatort »Afghanistan« suchten vier traumatisierte Veteranen vergeblich Bodenhaftung in der Heimat. Bevor er abgeknallt wurde, durfte der Feldwebel noch klagen: »Wir fühlen uns in der Heimat bespuckt und beleidigt!« Danach kam Anne Will: »Lassen wir die Soldaten, wie wir es eben im ›Tatort‹ gesehen haben, im Stich, Herr Matussek?« Ja, weil die Achtundsechziger alles abgelehnt hätten, was Uniform trug. Das wirke nach. Unter den Gästen war auch eine trauma­tisierte Frontärztin. Sie sagte, alle Soldaten hofften auf Guttenberg und feierten Oberst Klein. Sie sage das mal so, wie es ist, die sagten: »Da hat endlich einer mal Eier! Hi-hi-hi!« Das ist doch schon was, auch wenn noch viel zu tun bleibt. 1954 zum Beispiel, die Herberger-Elf war gerade Weltmeister geworden, kämpften nicht nur 7 000, sondern allein in Vietnam 50 000 deutsche Soldaten. 150 000 deutsche Kriegsgefangene waren in die französische Legion gegangen (viele SS-Männer), später noch einmal 75 000 Abenteurer. Die SPD sprach damals von 33 000 gefallenen deutschen Legionären. 20 Trauerfeiern am Tag. Die Anteilnahme war groß. Die Nation sang mit Freddy »Brennend heißer Wüstensand« und: »Der Weg nach Haus ist schwer für einen Legionär. Und viele sehen die Heimat, die Heimat niemals mehr.« Der Bertelsmann-Bestseller hieß »Ich radle um die Welt«. Der Autor Heinz Helfgen schrieb, als er – gerade der »Tigerhölle« entronnen – nach Vietnam radelte, nahm er vertraute Stimmen wahr. »›Einmal am Rhein‹ sangen und grölten sie.« – »Servus Landsleute!« – Servus Heinz! – In Hanoi wohnte er einer Militärparade bei. »Galauniform, schneeweiße Stulphandschuhe.« Ein US-Korrespondent raunte ihm zu: »That looks damned like Germany!« That looks nicht nur so, »das sind Deutsche!« sagte Heinz mit dem »Gefühl eines gewissen Stolzes und einer geheimen Wut darüber, dass diese deutschen Soldaten, die einen großen Teil des Kampfes gegen den Weltkommunismus zu tragen haben, nicht offiziell als deutscher Beitrag im Kampf um die Freiheit der Welt anerkannt werden«.

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